Staatsroman

Staatsroman
Staats|ro|man 〈m. 1Roman, in dem das Leben in einem Staat kritisch od. utopisch dargestellt wird, z. B. „Utopia“ von Th. Morus

* * *

Staatsroman,
 
ein Romantyp, dessen Gegenstand das Gesellschafts- und Staatsleben ist, meist in didaktisch-moralischer Absicht geschildert als ideales Gegenbild zu den zeitgenössischen religiösen, sozialen oder politischen Zuständen. Der Begriff Staatsroman wurde zunächst synonym mit Utopie verwendet, später aber eingegrenzt. Er bezieht sich vorwiegend auf jene Werke, die in der Tradition der Fürstenspiegel und v. a. der großen philosophischen neulateinischen Staats- und Gesellschaftsentwürfe T. Mores, T. Campanellas und F. Bacons stehen. Der weit ausgreifende Staatsroman des Barock bejaht historisch-politische Gegebenheiten unter gewissen moralischen Bedingungen (Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel, H. A. von Zigler und Kliphausen, D. C. von Lohenstein), zum wichtigen Gestaltungsmuster der europäischen Aufklärung wird er dann u. a. bei J. G. Schnabel (»Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. ..«, 1731-43, später unter dem Titel »Die Insel Felsenburg«), A. von Haller (»Usong. Eine morgenländische Geschichte. ..«, 1771; »Alfred, König der Angel-Sachsen«, 1773; »Fabius und Cato«, 1774), C. M. Wieland (»Der Goldne Spiegel, oder Die Könige von Scheschian«, 2 Teile, 1772). Mit dem wachsenden bürgerlichen Selbstbewusstsein verstärkte sich der Charakter des Staatsromans als politische Dichtung. In vielen satirischen Werken, in der Reiseliteratur, der exotischen Literatur und zahlreicher Robinsonaden finden sich Gesellschaftsentwürfe; der Staatsroman leistete auch einen Beitrag zur Genese des historischen Romans. Im 19. Jahrhundert traten die sozialen Probleme der entstehenden Industriegesellschaft in den Vordergrund (Étienne Cabet, * 1788, ✝ 1856; E. Bellamy). Seit der Vermischung von utopischer Literatur und Sciencefiction in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts gehört der Staatsroman in der traditionellen Form nicht mehr zu den produktiven Gattungen.

* * *

Staats|ro|man, der (Literaturw.): Roman, in dem das politische u. soziale Leben in einem [utopischen] Staat dargestellt wird.

Universal-Lexikon. 2012.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Staatsroman — Der Staatsroman ist die literarische Inkorporation der Aufklärung, gilt jedoch nicht als Revolutionsliteratur, sondern als Vervollkommnung des Zusammenlebens auf der Ebene des Staates und handelt vom kosmopolitischen Menschen. Diese Form des… …   Deutsch Wikipedia

  • Romantypus — Beim Roman lassen sich folgende Romantypen unterscheiden: Abenteuerroman: Schelmenroman, auch pikarischer/pikaresker Roman (Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch; Miguel de Cervantes: Don Quijote;… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsche Barockliteratur — Literaturen Deutschsprachige Literatur Deutsche Literatur Literatur der Deutschschweiz Österreichische Literatur Interkulturelle Literaturen z. B. deutsch türkische Literatur Literatur nach Staaten Portal Literatur Der Begriff …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsche Literatur — Literaturen Deutschsprachige Literatur Deutsche Literatur Literatur der Deutschschweiz Österreichische Literatur Interkulturelle Literaturen z. B. deutsch türkische Literatur Literatur nach Staaten Portal Literatur Der Begriff …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsche Literatur (Barock) — Literaturen Deutschsprachige Literatur Deutsche Literatur Literatur der Deutschschweiz Österreichische Literatur Interkulturelle Literaturen z. B. deutsch türkische Literatur Literatur nach Staaten Portal Literatur Der Begriff …   Deutsch Wikipedia

  • Euphuismus — Schwulst (von mhd. swulst zu swëllen „Anschwellung“) war ursprünglich der Ausdruck für eine Schwellung oder für das Geschwollene. Das Adjektiv schwulstig, dem das heutige schwülstig entspricht, wurde im Frühneuhochdeutschen schon von Luther in… …   Deutsch Wikipedia

  • Utopia (Roman) — Titelholzschnitt der Ausgabe von 1516 Utopia ist der Titel eines 1516 von Thomas Morus in lateinischer Sprache verfassten philosophischen Dialogs. Die Schilderung einer fernen „idealen“ Gesellschaft gab den Anstoß zum Genre der Sozialutopie.[1] D …   Deutsch Wikipedia

  • Roman — Fabel; Sage; Saga; Märchen; Geschichte * * * Ro|man [ro ma:n], der; s, e: literarisches Werk erzählender Dichtung in Prosa [in dem das Schicksal von Menschen in der Auseinandersetzung mit der Umwelt, der Gesellschaft geschildert wird]: einen… …   Universal-Lexikon

  • Adam Müller-Guttenbrunn — (1852–1923) Adam Müller Guttenbrunn, eigentlich Adam Müller, Pseudonyme: Franz Josef Gerhold, Ignotus, Michl Vetter, Figaro, (* 22. Oktober 1852 in Guttenbrunn, im Kronland Wojewodschaft Serbien und Temescher Banat, im Kaisertum Österreich, heute …   Deutsch Wikipedia

  • Christoph Martin Wieland — Porträt Wielands von Ferdinand Jagemann, 1805 Christoph Martin Wieland (* 5. September 1733 in Oberholzheim bei Laupheim; † 20. Januar 1813 in Weimar) war ein deutscher Dichter, Übersetzer un …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”